Der hl. Jakobus d. Ä. und seine Eltern

Am Patroziniumsfest eurer Kirche ist sicher immer über den heiligen Apostel Jakobus gepredigt worden.

Ich möchte heute einmal nicht über ihn, sondern über seine Eltern predigen. Ich habe diesen in meinem Buch „heilige Eheleute“ ein kleines, bescheidenes Denkmal unter den vielen heiligen Ehepaaren der Kirchengeschichte gesetzt.

Die Eltern dieses eures Kirchenpatrons hießen Zebedäus und Salome. Wohlgemerkt von keinem anderen Apostel werden in der Hl. Schrift die Eltern erwähnt, nur vom Apostel Jakobus d. Ä. und seinem jüngeren Bruder Johannes. Das muss doch etwas zu bedeuten haben.

1. Der Vater Zebedäus (= Gottesgeschenk), ein fleißiger Fischer am See Genezareth, der es in seinem Fleiß mit seinen beiden Söhnen Jakobus und Johannes und mit Taglöhnern zu einem ganz passablen Fischereibetrieb und zweifellos auch zu einem ordentlichen Einkommen für seine Familie gebracht hat.

2. Die Mutter des Jakobus und Johannes: Salome (= Frieda); zweifellos eine tief religiöse Frau, die die Familie in guten und in schweren Tagen fest zusammengehalten und ihre beiden Söhne gut erzogen und im Glauben des auserwählten Volkes unterwiesen und in der Hoffnung auf den verheißenen Messias immer mehr bestärkt hat. Darum war der jüngere Sohn Johannes gleich begeistert, als Johannes der Täufer auftrat und über den schon ganz nahen Messias zu predigen begann.

Salome sah in ihren beiden Söhnen mit stolzer Freude den größten Reichtum ihrer Familie. Kindersegen galt ja in Israel als Grundbedingung für jedes glückliche und friedliche Zusammenleben in der Ehe. Zwei ganz gesunde, saubere und begabte Söhne zu besitzen, war für Mutter Salome eine einzigartige Freude.

Immer mehr aber interessierten sich die beiden Söhne für die messianische Bewegung, die Johannes der Täufer ausgelöst hatte. Der jüngere Sohn Johannes schloss sich bald immer mehr und mehr dem strengen Bußprediger Johannes d. T. an. Johannes führte schließlich seinen älteren Bruder Jakobus dem Täufer Johannes und schließlich dem Herrn Jesus Christus zu.

Schließlich kam es zur endgültigen Berufung in die Nachfolge Jesu weg von Vater und Mutter: es war an jenem Tag, als Jesus am Gestade des Sees Genezareth wandelte. Da erblickte er in einem Bott den Vater Zebedäus mit seinen beiden Söhnen und seinen Gehilfen, wie sie gerade die Fischernetzte reinigten und zu neuem Fischfang herrichteten.

Das Auge des besten Menschenkenners entdeckte in den beiden Söhnen des Zebedäus und der Salome zwei begeisterungsfähige Menschen voll Feuerglut und Großmut, trefflich geeignet für den Apostelberuf im messianischen Reich.

Jesus rief die beiden: „Kommt, folgt mir nach!“ Und sogleich verließen die beiden ohne langes Zögern das Boot, den Vater sowie ihre gewohnte Arbeit und schlossen sich Jesus v. Nazareth an.

Die Mutter Salome wird damals wohl arg erschrocken sein, als ihr Mann Zebedäus an jenem Abend langsam und sinnend seinem Hause zuschritt und seiner Gattin Salome zögernd die Kunde mitteilte: „Frau, unsere beiden Söhne haben sich Jesus endgültig und für immer angeschlossen und werden kaum mehr in unsere Familie zurückkehren.“

Salome, von der wir aus der Hl. Schrift erfahren, dass sie von ihren beiden Söhnen große Stücke hielt, wäre nicht eine richtige Mutter gewesen, hätte sie ohne Tränen und Klagen ihre beiden Söhne ziehen lassen. Es mag so gewesen sein wie in einer schönen christlichen Familie von heute, wenn da auf einmal nicht nur einer sondern gleich zwei Söhne plötzlich ihren Priester- oder Ordensberuf entdeckt haben und von der Geborgenheit in der Familie ausbrechen.

Bald wird sich aber die Mutter Salome wieder getröstet haben, als sie zu hören bekam: die beiden Söhne Jakobus und Johannes gehören bereits zum engsten Kreis der bevorzugten Jünger Jesu. Jesus selbst hat die beiden „Boanerges“ „Donnersöhne“ genannt wegen ihres begeisterungsfähigen, stürmischen Temperaments. Jesus schätzte die beiden und nahm sie mit auf den Berg Tabor und ließ sie dort das Gipfelerlebnis seiner Verklärung erleben; Jesus nahm sie auch mit, um sie die Totenerweckung eines jungen Mädchens, des Töchterleins des Jairus, aus nächster Nähe erleben zu lassen.

Das alles mag in Salome den mütterlichen Ehrgeiz geweckt haben, sodass sie eines Tages zu Jesus ging und an ihn eine recht unbescheidene Bitte richtete: „Meister, sag doch bitte, dass diese meine beiden Söhne in deinem Reich zu deiner Rechten und zu deiner Linken sitzen dürfen!“

Wie kam wohl Salome zu dieser Bitte, die nicht nur die Rücksicht auf die anderen Apostel vermissen lässt, sondern auch an sich sehr anmaßend erscheint?

Wir dürfen da nicht übersehen, dass kurz vorher Apostel Petrus für alle 12 Apostel an den Meister die verflixte Lohnfrage gerichtet hatte: „Meister, du weißt: wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Was werden wir dafür bekommen?“ Jesus erwiderte damals: „Amen, ich sage euch: Wenn die Welt neu geschaffen wird und der Menschensohn sich auf den Thron der Herrlichkeit setzen wird, werdet ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, auf 12 Thronen sitzen und die 12 Stämme Israels richten.“

Mutter Salome wusste also, dass ihren Söhnen zwei Thronsitze im künftigen Messiasreich zugesichert waren. Das genügte ihr aber nicht in ihrem mütterlichen Ehrgeiz.

Wir wissen, was Jesus auf die Bitte Salomes geantwortet hat. „Ihr wisst nicht, worum ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?“ Könnt ihr die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde?“

Was mag wohl die Mutter Salome bei dieser Frage Jesu vom Trinken des Kelches mit ihm und vom Eingetauchtwerden in das Taufbad wie er gedacht haben? Diese beiden Bilder weisen nach biblischem Sprachgebrauch auf schwere Leiden hin. Hat die Mutter Salome damals etwa Furcht und Schrecken erfüllt? Ist die Ahnung dunkel in ihrem Mutterherzen aufgestiegen, dass ihren beiden Söhnen sehr Schweres und Leidvolles bevorstehen wird?

Es wird uns an der Schriftstelle, wo die kühne Bitte Salomes und die Antwort Jesu darauf niedergeschrieben sind, nichts darüber gesagt, was Salome damals empfunden hat: wir erfahren aber später im Mt- und Mk-Ev, dass Salome nicht bloß eine ehrgeizige Familienmutter, sondern auch eine tapfere, heldenmütige Frau gewesen ist. Sie ist nämlich nach dem Tod ihres Gatten Zebedäus zusammen mit anderen Frauen Jesus nachgefolgt, um ihm zu dienen und finanziell zu unterstützen. Salome hat dann auch in der Passion Jesu, als er den Kelch des Leidens bis zur Neige austrank, die Treue gehalten. Sie hat zusammen mit der Mutter Jesu unter dem Kreuz auf Golgotha ausgeharrt.

Salome gehörte dann auch zu jenen Frauen, die am Ostermorgen zum Grab Jesu geeilt sind, um dem toten Meister den letzten Liebesdienst der Einbalsamierung des Leichnams zu erweisen. Dieser Liebesdienst war nicht mehr nötig. Der Herr war glorreich auferstanden.

Salome wird zuletzt wohl auch noch erlebt haben, dass ihr älterer Sohn Jakobus sein Leben im Martyrium für Christus hingegeben und in seiner Enthauptung um das Jahr 42 als erster der Apostel den Kelch des Leidens wie sein Meister bis zur Neige ausgetrunken hat. Ehrenvolles hat die Gattin des Zebedäus, die Mutter der beiden Apostel Jakobus und Johannes, vom göttlichen Meister erbeten, Opfer- und Leidvolles wurde ihr dafür angekündigt: Weil aber diese Mutter und ihre beiden Söhne das Opfer angenommen und bejaht haben, hat Gott sich sicher an Großmut im Belohnen nicht übertreffen lassen.